Magie der Schatten: Roman (German Edition) by Lisowsky Thomas

Magie der Schatten: Roman (German Edition) by Lisowsky Thomas

Autor:Lisowsky, Thomas [Lisowsky, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Magie, Zauberei, Helden, Fluch, Söldner, Phantastik, Liebe, High Fantasy, Krieger, Abenteuer, Sword and Sorcery
ISBN: 9783943835779
Herausgeber: dotbooks Verlag
veröffentlicht: 2013-09-16T22:00:00+00:00


***

Der Abend des elften November war angebrochen. Um ihn herum leuchtete und glühte die hereinbrechende Nacht. Zwischen den Häusern hingen papierene, kunstvoll gefaltete Laternen, die Sterne, den Mond und sogar stilisierte Drachen darstellten. Sie beleuchteten die langen Tische und die riesigen Suppentöpfe, aus denen warmer Dampf in die Nacht hinaufstieg. Und die Nacht war kalt. Niemand saß ohne dicken Wintermantel und mehrmals um den Hals geschlungenen Schal auf dem Platz. Der Atem der Leute verwandelte sich in weiße, rasch davonziehende Gespenster. Vielleicht wäre schon Schnee gefallen, wenn es in diesem Land Wolken gegeben hätte. Aber so blieb der Fels schwarz wie eh und je, und nur die Wärme, die von den Töpfen und den Suppen auf den Tellern abgestrahlt wurde, war ein Trost.

Eine große Hand stellte einen vollen Teller auf dem Platz neben ihm ab. »Kann ich mich setzen?«

»Hm.« Elarides nickte.

Er erkannte irgendwo den Rücken des immer dunkel gekleideten Messermanns, und auch die beiden Jungen – Adler und Rattenfinger – saßen am Ende des Tischs.

Raigar nahm neben ihm Platz. Die ersten Tage hatten die Menschen aus Zweibrück sich respektvoll von dem Koloss ferngehalten, aber jetzt saßen und aßen sie mit ihm am selben Tisch.

»Hast du schon den Drachen gesehen?«, fragte Raigar. Die Hände trug er jetzt wieder unbandagiert, die Zerrung in der einen und die Verbrennung an der anderen Hand waren beinahe völlig ausgeheilt.

»Welchen Drachen genau meinst du?«, fragte Elarides.

Es gab Laternen in Drachenform, und dann gab es auch noch die hauchdünnen, mit Drachenmustern bestickten Seidentücher, die die Leute vor ihre Fenster spannten. Die Herdfeuer strahlten von innen hindurch und zeichneten die Fäden des Drachenmusters nach, so dass die Illusion eines echten Drachen entstand, der hinter dem Tuch lauerte. Der starke Wind tat sein Übriges und erweckte die Tücher und damit auch die Schatten zum Leben. Es war eine ganze Stadt voller Drachen.

»Ich meine den Drachen für das Schauspiel«, sagte Raigar. »Eine riesige Konstruktion aus buntem Stoff und gefärbtem Papier. Die grünen Schuppen bestehen aus einzelnen übereinandergeschichteten Blättern, die Zähne sind angespitzte Kreidestücke und die Flügel gestärkte Papierschichten, die vom Körper abstehen. Unten ist die Konstruktion offen, so dass einige Männer und Frauen hineinschlüpfen können. Sie halten dann den Drachenkörper und laufen mit ihm durch die Straßen. Ganz so, als wäre der Drache noch lebendig.«

»Ich kenne das Schauspiel.« Elarides blickte trüb in die erleuchtete Nacht. »Der Drache trifft auf den wilden Jäger, der ihn tötet. Auch im Südreich wird die Szene nachgestellt. Anschließend dürfen sich alle Kinder auf den Jäger stürzen und ihm das Kostüm vom Leib reißen. Es soll so aussehen, als wäre er bezwungen worden.«

Raigar nickte. »Das ist wahrscheinlich leider nicht die Wahrheit. Aber es muss ein Ende geben, das nicht abgrundtief traurig und ungerecht ist. Menschen mögen keine hoffnungslosen, ungerechten Geschichten.« Er schwieg einen Moment lang. »Du sprichst nicht viel in den letzten Tagen. Scheint fast, als würdest du mir nacheifern wollen.«

»Gewiss nicht.« Elarides sah zur Seite. »Ich bin noch immer ein Gefangener, und du bist mein Wächter. Wir haben uns nicht viel zu sagen.«

»Geh, wenn du willst.



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